Versicherungsbranche 2023 – ein Ausblick

Versicherungsbranche 2023

Alles hat Konsequenzen

Die gesamtwirtschaftlichen Folgen von Inflation, eingeschränkten Lieferketten, Personalmangel, erhöhter Kosten zur Einhaltung der ESG-Kriterien, weiter steigende Ausgaben für klimabedingt weltweiter Großschäden, dem anhaltenden Zinstief steigender Rohstoffpreise, um nur ein paar Beispiele zu nennen, werden auch auf die Versicherungsbranche durchschlagen.

Es können in puncto Ausblick daher keine guten Botschaften sein, ist doch das Versicherungsgewerbe eindeutig systemrelevant mit der Folge, dass auch nur bei Ausfall eines einzigen wichtigen Players Kettenreaktionen folgen, die niemand mehr beherrschen wird.

Es wird „knackig“, es bedarf präziser Risikoanalytik, Beratung im Bereich Schadensprävention, und es bedarf des Marktüberblicks in Bezug auf die Frage, welcher Versicherer überhaupt noch für welches Risiko geeignet ist.

Ein kurzer Überblick:

Sachversicherung

Insbesondere die Rückversicherer industrieller Risiken tun sich derzeit schwer, geeignete Kapazitäten vor allem bezahlbar zur Verfügung zu stellen.

Zum Jahreswechsel hat die Versicherungsaufsicht bereits deutlich gemacht, dass alle Versicherer, die unseriös kalkulieren, auf eine Watchlist kommen und mit drakonischen, staatlichen Konsequenzen rechnen können, was nichts anderes als eine erhebliche Preissteigerung industriell tätiger Erstversicherer bedeutet. Ein weiterer Faktor, der auf das Preisgefüge industriell gefertigter Produkte oder Dienstleistungen durchschlagen wird.

Im Bereich KMU wird sich ebenfalls eine Menge ändern. Versicherer machen keine Gefangenen mehr, es wird nur noch nach Vorschrift reguliert.

Wessen Versicherungssumme 2023, egal ob im Anlagevermögen, Beständen oder Waren unter Wasser ist, wird mit Glück nur empfindliche Kürzungen mit Pech desaströse Entschädigungszahlungen erhalten. Schlimmer noch werden die Auswirkungen im Bereich der Betriebsunterbrechungsversicherung sein.

Die Sachversicherer werden Themen wie Obliegenheitsverletzungen, erheblicher noch Verstöße gegen einschlägige Gesetze wie die Betriebs- und Arbeitssicherheit sanktionieren.

Im Bereich der Gebäudeversicherung schlägt schon jetzt die Baupreisentwicklung voll durch, zum Jahreswechsel werden speziell Wohngebäude mit rund 15 % Preisanpassung konfrontiert.

Sachversicherung 2023

Haftpflicht-& Cyberversicherung

Das gleiche Bild: Steigende Preise bedeuten auch steigende Entschädigungszahlungen, mit denen Haftpflichtversicherer, wenn auch nur im Bereich der Zeitwertentschädigung, und daher etwas beherrschbarer, als in der klassischen Sachversicherung konfrontiert sind.

Schwieriger wird die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung insbesondere in der D&O-Sparte. Da sich Manager oder Geschäftsleiter mit neuen Feldern ihrer Verantwortung speziell im Bereich der ESG-Kriterien konfrontiert sehen, wird das Fehlerpotenzial erhöht. Die Sparte wird daher nach Jahren erheblichen Preiswettbewerbs den Turn-Around schaffen müssen, will sie nicht untergehen.

Im Bereich Cyberversicherung findet der Turn-Around bereits statt, es hagelte und hagelt Schäden, und die wirkliche dünne Abdeckung von gerade einmal deutschlandweit 160.000 Verträgen wird selbst bei massiver Vergrößerung des Kollektivs diese Tendenz nicht positiv beeinflussen, während sich die Zahl geeigneter Versicherer aktuell auf nicht einmal 2 Hände voll reduziert. Die Cyberpolice wird die Feuerversicherung des 21. Jahrhunderts.

KFZ-Versicherung

Tendenziell kostet die zu erwartende Generalüberholung der jeweiligen Fuhrparks insbesondere hin zur E-Mobilität in erster Linie den Kaskoversicherern mehr als noch vor Kurzem. Die Einzelpreise der Fahrzeuge, die AW`s der Werkstätten und die Ersatzteilkosten steigen, Großschäden durch defekte Batterien noch nicht einmal nennenswert berücksichtigt.

Nach wie vor besteht jedoch ein Preiskampf, der gerade in der Flottenversicherung weniger über die jeweiligen Fahrzeugtypen, sondern in erster Linie auf die Schadenshäufigkeit und die Schadenszahlungen reflektiert. Wer weitgehend schadensfrei unterwegs ist, hat nach wie vor gute Karten auf Ersparnis zu hoffen.

Elektromobilität

Rechtsschutzversicherung

Sie werden nicht überrascht sein, auch hier kennt der Markt nur eine Richtung.

Die Hintergründe sind so trivial wie dann auch nachvollziehbar. Zum einen hat die gute alte BRAGO, also die Berechnungsbasis der Vergütung des Rechtsanwalts einen neuen Namen erhalten, es ist nunmehr das RVG, oder auch Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, das im Kern jedoch nicht wirklich der eigentliche Kostentreiber ist.

Richtig teuer werden Sammelklagen.

Denken Sie an den Diesel-Skandal, Corona im Kontext der Betriebsschließungsversicherung oder auch die diversen Sammelklagen z. B. gegen angeblich unrichtige Preisgestaltungen im Bereich der privaten Krankenversicherung. Der mit Abstand teuerste Rechtsschutzfall, die Reserven der Rechtsschutzversicherer, betragen einige Hundertmillionen Euro ist de facto der Abgasbetrug, von dem Sie wissen, dass selbst bei einem Vergleich erhebliche Kosten von den Rechtsschutzversicherern getragen werden.

Lebensversicherung

Die Branche sieht angeblich wieder etwas Licht am Horizont, hat doch die Leitzinserhöhung der EZB im Vergleich zur bisherigen Negativzinslandschaft zumindest die Bilanzen der Lebensversicherer etwas entlastet.

Wirkliche Hochstimmung kann jedoch nicht aufkommen, hat sich doch gerade das Thema Langlebigkeit erneut zuungunsten der Versicherer entwickelt, und schließlich steht auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, dass die Inflation unter der Guthabenentwicklung liegt.

Garantien kosteten und kosten weiterhin extrem viel Geld, mittlerweile so viel, dass Ertrag ohne Risiko schlichtweg nicht mehr möglich ist und somit so gut wie alle Lebensversicherer gezwungen sind, das Kapitalanlagerisiko anders als früher auf den Rücken der Kunden zu verlagern.

Von der bei jüngeren Verträgen im Allgemeinen und in der betrieblichen Altersversorgung im Besonderen notwendigen Versteuerung der Erträge, bei letzterer sogar Verbeitragung in der gesetzlichen Krankenversicherung mal ganz abgesehen.

Kranken- und Pflegeversicherung

Deutschland leistet sich eines der besten Gesundheitssysteme. Und das kostet. Die Leute gehen häufiger zum Arzt als in nirgendwo sonst in der Welt, und sie werden älter.

Zwangsläufig steigt die Menge: Arztbesuche, Medikamente, Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Heil- und Hilfsmittel, die Liste ist lang.

Im Bereich der Pflege sind die Leistungserbringer jüngst zu bisweilen gigantischen Lohnsteigerungen verpflichtet worden, und die schlagen durch.

Folge des Ganzen: Die Kosten in der PKV und der Pflegeversicherung, gerade in der privaten Pflege-Pflichtversicherung steigen weiter, ein Ende ist nicht absehbar.

Und die Private-Pflege-Zusatzversicherung? Fristet nach wie vor ein eher kümmerliches Dasein, obschon jedem klar ist, dass auch eine nur halbwegs auskömmliche Versorgung im Pflegefall mit den aktuellen Systemen kaum finanzierbar ist, erst Recht, wenn die knapp 7 Millionen Babyboomer schon in einigen Jahren von der Seite des Zahlers zum Empfänger wechseln.

Wer ohne eine derartige Deckung unterwegs ist, sollte hierfür einen 6-stelligen Betrag reservieren.

Die Technische- und Tranportversicherung

Die Sparte ziert sich mit dem Begriff der All-Risk-Deckung, kennt man doch kaum Ausschlüsse in den jeweiligen Bedingungswerken und ist verwundert, wie derartig schadenträchtige Risiken doch vergleichsweise wenig kosten.

Gerade in der Versicherung schweren Gerätes um Bereich der Bau- und Logistikbranche fand in den letzten Jahren ein massiver Preiskampf statt. Das ändert sich. Bisweilen veraltete Geräteparks, die schon längst seitens der Unternehmer erneuert werden wollten, müssen noch Dienst tun.

Allein die Wartezeiten von Bestellung bis Anlieferung der Neugeräte steigen ins Unermessliche, von den Preisentwicklungen ganz zu schweigen. Exakt das erhöht die Schadensbelastung, speziell im Bereich innerer Betriebsschäden.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner